Auf 8 Beinen das Laufen lernen

Dieser Artikel wird etwas anders als die bisherigen. Es geht diesmal nicht so sehr darum, wie sich Hochbegabte fühlen oder was sie brauchen. Es geht viel eher um das Proteus-Projekt selbst und wie es sich gerade entwickelt – wie eben ein Oktopus auf 8 Beinen laufen lernt. Und ich weiß gar nicht, ob das von Hochbegabung bei den Beteiligten abhängt. Womöglich würden sie etwas weniger von mir fordern, wenn es nicht so wäre… und so merke ich, wie anstrengend es sein kann, mit Hochbegabten zusammenzuarbeiten…. *lach*

Der nächste Schritt

Seit Oktober 2023 gibt es in 10 Monaten im Jahr (also alle außer Dezember und August) jeweils am 10. einen Themenabend, an dem sich über irgendein Thema, das mit Hochbegabung im Beruf zu tun hat, ausgetauscht wird. Und nun haben wir an 20 Abenden Informationen und Einsichten gesammelt, die wir nutzbar machen möchten. Nun – Hochbegabte erkennen schnell Strukturen und so ist auch nicht wirklich das Problem, in den „gesammelten Werken“ Ähnlichkeiten zu entdecken, Kategorien zu bilden und Ideen für Formate zu haben. Die Herausforderung liegt viel eher darin, sich für eine der vielen Ideen, was mit dem Wissen anzufangen ist, zu entscheiden – oder wenige.

Wir entscheiden uns also nicht?

Wenn wir tatsächlich mit allen Beinen, die wir haben (und Oktopoden haben 8…), laufen wollen, werden wir unweigerlich auf der Nase landen. Wir entscheiden uns daher schon – für verschiedene Formate. Da gibt es schon allein unterschiedliche Zielgruppen: Die Betroffenen, die ein Austauschformat suchen oder Information, in der sie sich und ihr Erleben wiederfinden können. Die Führungskräfte, die zu einem großen Teil noch gar nicht wissen, dass – und warum – sie sich mit Hochbegabung auseinandersetzen sollten. Geschäftsführer, die womöglich ein großes Interesse an einer ideenreichen Belegschaft haben aber gleichzeitig ein fast noch größeres Interesse an ruhigen und eingespielten Abläufen. Wir haben Informationen für sie alle. Wir haben Mittel und Wege, wie wir gute Antworten auf alle Fragen finden können, egal wie unternehmens- oder personenspezifisch sie sind. Doch unterschiedliche Zielgruppen brauchen unterschiedliche Formate.

Und wir haben Formate.

Oder zumindest Ideen dazu. Doch da kommt prompt die nächste Frage auf, denn diese Ideen wollen umgesetzt werden – und da ist es wieder, das Problem mit den 8 Beinen. Ich merke, wie es allen Beteiligten in den Fingern juckt: Sie wollen endlich, dass ihr Thema bekannt wird, dass ihre Idee konkret wird. Sie haben alle schon so viele Abende in Themen und Austausch investiert. Jetzt soll das ganze endlich Fußspuren hinterlassen. Gleichzeitig kommen leise Zweifel – sind wir überhaupt noch so viele wie am Anfang? Wo ist da überhaupt die Struktur? Ist das nicht alles etwas chaotisch und unorganisiert? Geht uns auf dem Weg die Puste aus? Stolpern wir über unsere Tentakel?

Und schon stecken wir in der Kernfrage von Organisationsentwicklung: neue Strukturen und Transparenz.

Durchblick?

Von allen sollte ich wahrscheinlich den besten Durchblick haben. Und irgendwie habe ich den auch, aber dann auch wieder nicht. Denn Transparenz funktioniert ja auch in zwei Richtungen und mir fehlte die Sichtweise der anderen. Und so zeigte sich beim letzten Themenabend – der diesmal vom Thema her „recht offen“ war –, dass niemand so wirklich über alles Bescheid wusste, aber natürlich jeder seine Vorstellungen und Ideen hat. Das ist auf den ersten Blick verwirrend und auch ein bisschen demotivierend. Und es zeigt genau, wo der nächste Schritt hin geht: Zu mehr Struktur, mehr Kommunikation, mehr Klarheit. Intern. Und wenn intern die Klarheit steht, dann wird die Struktur auch nach außen klarer.

Struktur

Was ich interessant finde: „Intern“ ist alles transparent abgelegt – aber genutzt wird diese Ablage eigentlich nur von 1-2 Personen. Der Wille alleine, eine Untergruppe zu bilden und ein Thema vertieft zu bearbeiten, reicht nicht. Nein, es muss auch hier eine Struktur her. Es ist auch für einen „Arbeitskreis“ (*schüttel*) ganz wichtig, einen Plan zu haben. Und der ist nach Möglichkeit von der Organisation vorgegeben. Das Bereitstellen von Möglichkeiten reicht nicht. Auch wenn sie alle motiviert sind. Das hat mit Intelligenz nichts zu tun, sondern wohl eher mit Sicherheit und dem Wunsch nach zielgerichteter, sinnvoller Arbeit.

Klar.

Und so fasse ich mal die Ergebnisse zusammen, wie das Proteus-Projekt weiter“geht“.

  1. Ich werde immer wieder darauf angesprochen, dass ein „Projekt“ ja ein definiertes Ende haben müsse. Nun, das Ende dieses Projektes ist erreicht, wenn das Thema „Hochbegabung im Beruf“ so bekannt ist wie andere Diversitätsdimensionen. Wir bauen also entsprechende Zwischenziele ein und machen dann eben eine Kette von „Projekten“ draus… das nennt man dann „Begriffsflexibilität“. Das kommende Ziel ist: Der Oktopus bekommt seine „definierten“ Tentakel. „Beine“.

  2. Der „Gifted Espresso“ wird weiter ausgeschenkt. Allerdings mit einer kleinen Anpassung: Es gibt ihn immer dann, wenn es auch Studien gibt, deren Ergebnisse berichtet werden können. Angekündigt wird er im Newsletter und über Social Media. Dafür gibt es ihn nicht immer morgens (von 8:30 bis 9:00 Uhr), sondern in Absprache mit den jeweiligen Referenten auch mal nach dem Mittagessen (13:30 bis 14:00 Uhr).

  3. Der Themenabend bleibt erhalten in der Form, wie er jetzt auch ist: am 10. eines Monats als Online-Austauschformat. Die Themen ändern sich und der Adressaten-Kreis wird quasi „intern“ – aber weiterhin auch offen für Menschen, die sich auf regelmäßiger Basis einbringen wollen.

  4. Es kommt ein zusätzliches Format, das Betroffenen die Möglichkeit zum Austausch gibt. Ähnlich wie der Themenabend aber anders. Stay tuned.

Intern reicht das jetzt natürlich noch nicht an Klarheit, da fehlt noch einiges. Aber das kommt. Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut. Und wir sind einen Schritt weiter.

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